Zertifizierung mit dem Gütesiegel „Autismusgerechtes Berufsbildungswerk“

Das Sankt Nikolaus KJF Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum bietet eine hervorragende Umgebung für Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung
Das BBJZ Sankt Nikolaus erhielt eine Autismus-Zertifizierung
Gesamtleiterin Antonia Wieland (2. von links) und Mitglieder des Arbeitskreises Autismus freuen sich über die Autismus-Zertifizierung. Von links nach rechts: Kerstin Mayr, Antonia Wieland, Volker Galgenmüller, Karin Weishaupt, Sonja Rauer, Julia Häußler. Foto: KJF Augsburg / Eva Fidder
11. April 2022

Es gehört zum Leitgedanken des Sankt Nikolaus KJF Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrums (BBJZ Sankt Nikolaus) in Dürrlauingen, die Potenziale und Fähigkeiten aller jungen Menschen zu fördern und dabei ihre individuellen Bedarfe für die persönliche, soziale, schulische und berufliche Entwicklung zu berücksichtigen.

Bereits seit vielen Jahren lernen und leben daher auch junge Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) in den Schulen, Einrichtungen und Wohngruppen des Standortes. In den vergangenen Jahren haben sich Bereichsübergreifende Vernetzungs- und Arbeitsstrukturen zum Thema Autismus aufgebaut, die eine Auseinandersetzung, Überprüfung und Optimierung der Rahmenbedingungen für junge autistische Menschen zum Ziel haben.

Passgenaue Förderung für autistische Menschen

Die gesamte Einrichtung wird nun mit dem Siegel „Autismusgerechtes Berufsbildungswerk – empfohlen durch autismus Deutschland e. V.“ ausgezeichnet. Das Siegel bestätigt die Qualifikationen im Bereich Autismus und zeigt, dass das BBJZ Sankt Nikolaus den Anforderungen von jungen Menschen mit Autismus gerecht wird. Gleichzeitig verdeutlicht die Qualifizierung durch die regelmäßige Überprüfung den Auftrag, die Gestaltung der Lern- und Lebensräume für Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung stets weiterzuentwickeln. Ihnen soll eine passgenaue Förderung ermöglicht und ihre Qualifikation und Integration in den Arbeitsmarkt verbessert werden.

Umfassendes und überzeugendes Gesamtkonzept

Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses wurde im Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum ein „Arbeitskreis Autismus“ einberufen, der verantwortlich für Erstellung und Weiterentwicklung der Gesamtkonzeption „Autismus“ ist. Dieser stellt die fachliche Qualität sicher, berät bei autismusspezifischen Fragen und ist zuständig für interne und externe Vernetzung, Kontaktpflege sowie Lobbyarbeit. Darüber hinaus wurde vor Ort ein Autismus-Fachdienst installiert. Dessen zentrale Aufgaben sind die Beratung, die zeitweise Begleitung sowie bedarfsgerechte Unterstützung von Teilnehmenden im autistischen Spektrum in Zusammenarbeit mit dem interdisziplinären Gesamtteam. Dieses kann bei Bedarf auf die Expertise des Fachdienstes zurückgreifen.

Ein Fachreferent Autismus aus dem Bereich Berufsbildungswerk (BBW) und eine Fachreferentin Autismus aus dem Bereich Wohnen/Tagesbetreuung sind als Multiplikatoren und Bindeglieder in allen Bereichen der Einrichtung tätig. Sie sind zuständig für fachliche Umsetzung und Weiterentwicklung der Autismus-Konzeption, stellen ganzheitliche Förderung und Unterstützung der autistischen Menschen sicher. Weitere Aspekte der umfassenden Gesamtkonzeption sind unter anderem die pädagogische Förderung nach dem kommunikationsorientierten Ansatz TEACCH®*, architektonische Anpassungen (immer unter Gesichtspunkten der Vermeidung von Reizüberflutung und Sicherstellen von Orientierung), Überprüfung und Anpassung von Kommunikationsstrukturen z. B. im Aufnahmeprozess. Darüber hinaus wurden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Standortes entsprechend geschult, bei den Lern- und Ausbildungsprozessen wurden optimale Rahmenbedingungen durch verlässliche Strukturen, Rückzugsmöglichkeiten, Orientierung sowie feste Ansprechpersonen für die jungen Menschen mit ASS geschaffen. Diese Strukturen werden vor Ort zukunftsfähig weiter ausgebaut.

24 Azubis mit Autismus-Spektrum-Störung

Aktuell haben im BBJZ Sankt Nikolaus von den rund 102 Auszubildenden sowie Schülerinnen und Schülern der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen 24 eine Autismus-Spektrum-Störung. Von diesen leben 20 in den einrichtungszugehörigen Wohngruppen und alle werden begleitend in der Förderberufsschule unterrichtet. An der Nikolaus-von-Myra-Schule, dem sonderpädagogischen Förderzentrum der Einrichtung, ist bei 13 von 131 Schülerinnen und Schülern eine ASS diagnostiziert, zwei von ihnen leben in einrichtungsinternen Wohngruppen.

Antonia Wieland, Gesamtleitung des Sankt Nikolaus KJF Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrums, freut sich über die Zertifizierung: „Ich bin sehr stolz auf die ganzheitliche und vernetzte Arbeit der Einrichtung sowie den großen Einsatz der Kolleginnen und Kollegen in den vergangenen Jahren, die jetzt durch das Siegel auch sichtbar gewürdigt wird. Es ist mir und der Leitungsrunde ein zentrales Anliegen, auch den jungen autistischen Menschen – ganz im Sinne des Leitsatzes der KJF Augsburg – Mut zum Lernen und Mut zum Leben zu vermitteln und die dafür nötigen Rahmenbedingungen für sie bereit zu halten.“

Zur Zertifizierung
Das Siegel „Autismusgerechtes Berufsbildungswerk – empfohlen durch autismus Deutschland e. V.“ wird durch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke e.V. in Abstimmung mit autismus Deutschland e.V. verliehen und bestätigt die besondere Eignung des Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum für die Qualifizierungsarbeit junger Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung. Durch den erfolgreich abgeschlossenen Zertifizierungsprozess und aufgrund seiner Selbstverpflichtung, den „Kriterienkatalog der Berufsbildungswerke für die Ausbildung von jungen Menschen mit Autismus“ zu erfüllen, ist das  KJF Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum Sankt Nikolaus in Dürrlauingen berechtigt, das Gütesiegel für drei Jahre vom 1. April 2022 bis zum 31. März 2025 zu führen.

* „Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children“ (deutsch: „Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder“)

 

Hinweis: Die Bildergalerie zeigt Beispiele für Ruheräume, Rückzugsorte auf dem Außengelände sowie für Ordnung und Struktur durch Beschriftungen, die für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung sehr wichtig sind.

Galerie

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